Brendan Lawlor ist ein ganz besonderer Golfer: Er leidet am Ellis-van-Creveld-Syndrom, das durch Zwergwuchs und kurze Gliedmaßen charakterisiert ist. Ihm fehlen darüber hinaus die Knöchel an den Fingerspitzen.
Von alldem lässt sich der junge Ire jedoch in keinster Weise einschränken – ganz im Gegenteil: vor drei Jahren beendete er das College und ist heute ein Golf Professional, der voller Leidenschaft dafür kämpft, Barrieren, denen behinderte Sportler gegenüberstehen, abzureißen.
Ende August nahm Lawlor schließlich als erster Golfer mit Behinderungen an einem European Tour-Event teil. Der 22-jährige spielte auf Einladung seines Sponsors und Turniertitelpartners die ISPS HANDA UK Championship im The Belfry Resort. Nun hofft Lawlor, damit erstmals gegen Champions wie Danny Willett, Martin Kaymer oder Lee Westwood angetreten war, den Weg für andere Golfer mit besonderen Handicaps zu ebnen.
„Ich setze mir jedes Jahr und jedes Turnier Ziele. Ich denke darüber nach, was ich alles schaffen könnte, und bin selbst überrascht, wie gut die Dinge im Moment für mich laufen. Letztendlich aber möchte ich den kleinen Ball aber nur für mich selbst ins Loch rollen lassen. Gleichzeitig möchte ich den Leuten ihre Möglichkeiten aufzeigen und dass es machbar ist, mit Golf seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Denn das ist ein wahres Ziel für mich. Ich bin wirklich stolz, Behindertengolf zu fördern,“ so Lawlor im Gespräch mit CNN..
Dabei weiß Lawlor ganz genau, wem er es zu verdanken hat, dass er Golfprofi werden konnte:
„Mein Opa Bill ist ein großer Fürsprecher für den Golfsport. Er liebt es absolut. Seit meinem vierten Lebensjahr war sein Garten immer wie ein Fairway für mich. Heute sendet er eine Menge E-Mails, um meinen Erfolg mit seinen Freunden zu teilen. Er ist ein stolzer Opa und hat definitiv meine Liebe zum Golf entfacht.“
Wie viele Kinder, aber auch seine irischen Landsleute Pádraig Harrington und Shane Lowry – beide echte Champions -, sammelte Lawlor seine ersten Erfahrungen auf kurzen Pitch & Putt-Anlagen, die üblicherweise nur aus Par-3-Löchern bestehen. Von dem Fundament, das er im kurzen Spiel bereits in jungen Jahren gelegt hat, zehrt er seiner Meinung nach bis heute.
„In Irland ist Pitch and Putt Teil der Golf-Kultur und der übliche Start ins Golfspiel. Und das ist auch gut so, denn so entwickelt man von Anfang an enorme Fähigkeiten im kurzen Spiel. Man kann sich später darauf verlassen, wenn man auf langen Golfplätzen die Grüns treffen möchte.“
Später spielte Lawlor viele Stunden mit Freunden und erreichte rasch ein Single-Handicap. Das Konzept des Golfspiels mit Behinderung kam Lawlor dabei nie in den Sinn. Obwohl er wusste, dass er kleiner war als die meisten anderen Spieler, betrachtete er sich dennoch nie als „anders“ als seine Kollegen.
„Als ich mit 19 vom College kam, fragte mich meine Mutter eines Tages, ob ich es nicht mit Behinderte-Golf versuchen wollte. Ich fand die Idee sofort fantastisch und wusste, dass ich auf diese Weise viele Dinge erleben würde können.“
Nachdem er im Juli 2019 die ersten Scottish Open der European Disability Golf Association (EDGA) – ein 36-Loch-Turnier, das neben den Scottish Open mit den 10 besten behinderten Spielern der Welt ausgetragen wurde – gewonnen hatte, wechselte er zwei Monate später ins Profilager.
Der große Durchbruch gelang Lawlor, als er vergangenen August als erster Golfer mit Behinderungen an einem vollständigen European Tour-Event teilnahm. Er kämpfte gegen schwierige Bedingungen und die eigenen Nerven, spielte aber dennoch eine bemerkenswerte 84er-Eröffnungsrunde. Bei seinem Debut erhilet er nicht zuletzt von seinen Flightpartnern, Jeff Winther und Richard McEvoy, großen Zuspruch.
„Es war wirklich eine Ehre, mit ihnen zu spielen. Sie haben mich auch dann unterstützt, wenn die Dinge nicht gut liefen. Sie haben mich aufgefangen und gesagt: Okay, das nächste Locht machst du ein Birdie. Und ich fand das großartig, dass sie so ermutigend waren.“
Aktuell ist Lawlor die Nummer 4 der Welt im Ranking der besten behinderten Golfer. Er hat auch am ISPS HANDA Disabled Golf Cup teilgenommen, einem Turnier, das neben dem Presidents Cup 2019 in Melbourne ausgetragen wurde, bei dem 12 der weltweit führenden Golfer mit einer Behinderung den gleichen Platz und die gleichen Bedingungen wie die Profis spielten.
Während Dustin Johnson 15 Millionen US-Dollar für den Gewinn des FedEx Cup einsteckte, spielt das Preisgeld beim Behindertengolf in einer anderen Liga. Für viele Veranstaltungen gibt es gar keinen Preisgeldtopf. Gerade deshalb ist für Brendan Lawlor sein Auftritt auf der European Tour eine „großartige Plattform zur Förderung des Behindertengolfs“ und eine hervorragende Gelegenheit, um hoffentlich die Zukunft potenzieller behinderter Golfer zu sichern.
Genauso kam es dann auch: Nach seinem Auftritt im The Belfry bekam Lawlor eine Menge Nachrichten von anderen potenziellen Golfspielern mit Behinderung.
„Ich denke, rund 30 Golfer mit Behinderung haben sich über Instagram mit mir in Verbindung gesetzt, um mit Golf zu beginnen oder der European Disabled Golf Association beizutreten“, sagte er. Es geht ihm aber nicht nur um den Erfolg im Sport: „Es geht auch um den mentalen Aspekt. Es ist wichtig, dass die Leute mit Freunden ausgehen, drei bis vier Stunden Golf spielen und sie von zuhause und den Videospielen oder was auch immer wegkommen.“
Obwohl Golf 2016 erfolgreich zu den Olympischen Spielen zurückkehrte, ist Behindertengolf noch kein Thema bei den Paralympics – ein großer Traum des jungen Iren. Der könnte nun Realität werden:
„Bei den Paralympics zu spielen wäre absolut unglaublich. Tatsächlich habe ich Nachricht von den Paralympics auf Twitter erhalten, in der sie mir herzlich gratulierten. Auch einige meiner Postings haben sie geliked. Hoffentlich ist nun der Fuß in der Tür für Behindertengolf bei den Paralympics, denn das wäre absolut unglaublich. Es gibt so viele Spieler da draußen, etwa Kriegsveteranen in US-Amerika. Es gibt so viele von uns, dass wir wirklich eine wettbewerbsfähige Tour aufbauen könnten.“
Während Brendan also noch einige Karriereziele erreichen möchte – etwa der beste Behindertengolfer zu werden -, ist er dennoch bestrebt, seine Erfahrungen mit anderen zu teilen.
„Ich sage ihnen nur, sie sollen sich selbst treu sein und Golf genießen. Wir konzentrieren uns so viele Jahre darauf, ein gewisses Level zu erreichen. Manchmal vergisst man, das Spiel zu genießen. Und ich denke, bereits den Start mit Golf zu genießen, ist ein wirklich wichtiger Faktor.“