Im Ringen um wertvolle Marktanteile drängen neue interessante Brands auf den Markt. Nachhaltigkeit, Modernität, Langlebigkeit und Style rücken dabei stärker denn je in den Fokus.
FOTOS: BEIGESTELLT
ES IST KEIN GEHEIMNIS. Das Golfgeschäft wird von einigen wenigen Industriegrößen dominiert. Nike, Acushnet (Titleist, Footjoy, Vokey Design, Scotty Cameron, Pinnacle), Callaway, Mizuno, Taylormade, Adidas: Diese Namen kennt jeder.
In einer Sportart, die eigentlich eine Art Blaupause des Individualismus sein könnte, ist eine solche Markendominanz schon ziemlich beachtenswert. Wir spielen alle anders und schwingen alle anders. Warum kleiden wir uns alle gleich? Warum spielen wir alle mehr oder weniger denselben Ball? Und jagen jährlich kollektiv dem industrieverordneten Traum von zehn Metern mehr hinterher? Liegt es an mangelnden Alternativen?
Eigentlich nicht. Denn neben den oben erwähnten großen Namen bewegen sich neuerdings immer mehr kleine Brands auf dem Markt, die sich Nischen gesucht haben, aber sich auch frontal dem Big Business entgegenstellen. Unternehmen, die etwas ändern wollen, eine Botschaft und etwas zu erzählen haben. Und die dank moderner Vertriebswege ein neues, ein breiteres Publikum erreichen.
Das Internet ist nicht immer ein Hort des Guten, doch wenn es um den Vertrieb von Marken geht, die in dem alten System des industriedominierten Proshopvertriebs kaum Chancen gehabt hätten, zeigt es sich von seiner besten Seite. Dank sozialer Medien können gezielt genau jene Kunden erreicht werden, die – wie die Macher dieser Marken – einen etwas anderen Zugang zum Spiel haben.
Wir stellen hier einige dieser Unternehmen vor, die frech, bunt und nicht selten nachhaltig daran arbeiten, die herrschende Monokultur in der Branche, in unseren Kleiderschränken und Golfbags zu verändern.
SCHLÄGER
Glaubt man den Zahlen und den eigenen Augen, haben die Großen der Industrie den Markt bequem aufgeteilt. Doch während sich vieles konsolidiert, gibt es gerade in diesem Segment einige erfreuliche Entwicklungen. LAB-Golf aus Oregon ist mit zumindest optisch gewöhnungsbedürftigen Puttern inzwischen auch in der Profiszene angekommen. Adam Scott und Charles Howell III haben die merkwürdig geformten, aber durch modernste Fertigungstechnik immens stabilen Putter im Bag. Howell hat in diesem Jahr mit einem LAB-Putter sogar auf der LIV-Tour gewonnen. In Italien baut eine Firma namens Mati Putters sensationelle Schläger, die es selbst mit den besten Stücken aus den amerikanischen Topschmieden aufnehmen können.
Wenn es um Eisen geht, das wissen alle Materialnerds, übertrifft nichts die Qualität japanischer Handarbeit. Zwar mögen Namen wie Team Yoshimura, Takumi Japan, MGT Studio und Makino hierzulande derzeit vielleicht nur einem kleinen Kreis von Connaisseurs etwas sagen, doch dank unschlagbarer Verarbeitung, Liebe zum Detail, gewachsener Tradition und dem sehr rührigen deutschen Importeur Dragon Golf finden diese Meisterstücke in Europa immer mehr Anhänger. Keineswegs unerwähnt sollen hier aber deutschsprachige Hersteller bleiben. Komperdell lässt seine Schläger am Mondsee in Österreich fertigen. Das Pforzheimer Unternehmen Kramski bietet mit seinen eigenwilligen Puttern den Großen der Branche seit nunmehr 23 Jahren die Stirn und der Deutsche Michael Zieseniss, Gründer von Edelmetall, wird mit seinem Unternehmen Zen-Golf noch in diesem Jahr neue Eisen-Modelle auf den Markt bringen.
BÄLLE
Auch wenn die vier größten Ballhersteller ca. 60 % des weltweiten Markts untereinander aufgeteilt haben, gibt es einige Namen, die wir unbedingt erwähnen wollen. Seit nunmehr elf Jahren behauptet sich Vice auf dem Markt und hat damit eine Vorreiterrolle im Direktvertrieb übernommen. Anfänglich noch von einigen belächelt, ist das Unternehmen mit seinem inzwischen ziemlich großen Sortiment aus der Szene nicht mehr wegzudenken. Der Bond-Ball Hersteller Penfold hat mehrere Modelle im Angebot, die deutsche Firma Synder ebenfalls, die Briten von Hosel Rocket Golf hingegen haben einen 3-piece-Ball entwickelt, von dem sie behaupten, er könne es (trotz des unheilversprechenden Namens) mit den besten Bällen der Konkurrenz aufnehmen. Auf dem stetig wachsende internationalen Direct-to-customer-Markt tummeln sich Firmen wie Snell, Free Balls Club (nicht umsonst, aber fast) und Cut Golf Co. Letztgenannte sind allerdings Bälle, die man eher auf von Amerikanern häufig frequentierten Anlagen findet.
BAGS
Wer sich auf einschlägigen Golfpages im Internet umschaut, wird die dezenten Taschen der Firma Jones sicher schon bemerkt haben. Die Amerikaner sind Vorreiter in diesem Bereich und stellen die vielleicht hochwertigsten Taschen auf dem Markt her. Inzwischen hat die Marke ihre Produktpalette stark erweitert. T-Shirts, Mützen, Caps und Laser-Beutel sind ebenfalls im Angebot. Wem Jones zu Mainstream ist, kann sich an MacKenzie Golf Bags wenden. Vielen Puristen gelten diese Bags als der Inbegriff der Golftasche. Singlestrap-Philosophie in Reinkultur. Die Firma Flagbag Golf Co. lässt in Portland, Oregon, Taschen aus alten Golffahnen nähen. Hergestellt werden diese Bags in der Fabrik von Macdonald Leather Goods. Wer keine Fahnentasche will, kann sich dort nach deren feinsten und nicht ganz billigen Ledertaschen umsehen.
KLEIDUNG
Im Kleidungssektor tut sich derzeit so viel, dass man den Überblick leicht verlieren kann. Denn die Modebranche propagiert seit einiger Zeit den „preppy-chic Golfcore Trend“, bei dem sich Golfmode im postpandemischen Berufsalltag und Freizeit etabliert. Traditionelle Labels wie Original Penguin, Pringle of Scotland und Lyle und Scott erleben derzeit eine richtige Renaissance, neue Firmen wie Big Draw Golf, Modest Vintage Player und Druids kombinieren Oldschool-Vibes mit modernen Materialien. Brands wie Bogey Boys, Birds of Condor, Malbon und Linksoul geben dem On-course-Look einen coolen und entspannten Twist. Streetwear und Golfwear sind absolut kein Widerspruch mehr. Viele diese Firmen sind allerdings in (Festland-)Europa etwas schwer zu beziehen. Das kleine Unternehmen Layday Golf aus Frankreich bietet jedoch in seinem Online-Shop ausgewählte Stücke einiger dieser Marken an. In der Frauengolfmode bewegt sich ebenfalls eine Menge. Amerikanische Firmen wie Kilo Tango, Foray Golf und Birdie & Ace nutzen den „From course to cocktail“-Trend zu ihrem Vorteil. Ocean meets Green, ein kleines Label aus Deutschland, hat sich hingegen auf nachhaltig produzierte Golfkleidung für sportliche Spielerinnen spezialisiert. Derzeit gibt es Skirts und Polos, aber es wird schon an der Erweiterung der Kollektion gearbeitet. Mit einem Hoodie auch für Männer. OMG!
ACCESSOIRES
Seit einigen Jahren auf dem Markt sind Beaver Golf aus dem deutschen Landscheid. Die Firma lässt feine Lederhandschuhe in bunten Farben nachhaltig fertigen. Im Nordwesten Englands produziert Northern Ball Markers feine Ballmarker und andere kleinere Accessoires, die dem Spiel einen individuellen Dreh verleihen. Das Sortiment wechselt ständig und einige der kultigen Stücke haben inzwischen auch Sammlerwert. Aus feinstem Eschenholz stellt die Manufaktur ScotSticks händisch gearbeitete Alignment Sticks (Toursticks) her. Personalisiert und so schön, dass man sich kaum traut, sie zu verwenden. Ebenfalls aus Schottland stammt Tidal Links. Das Unternehmen stellt Headcover aus 100 % recyceltem Plastik her, welches aus dem Meer gefischt wird. Die Firma beliefert inzwischen einige der Topclubs des Königreichs und hat auch einen kleinen Online-Shop. Wer auf keinen Fall seinen Driver im mitgelieferten Headcover transportieren will, kann sich mal bei LayDay umschauen. Die Franzosen importieren nicht nur hippe Golfwear, sondern haben eine eigene, wunderschöne Headcover-Kollektion, die Hölzer und Driver stilvoll schützt. Die 1927 gegründete Marke Penfold wurde durch Bond, Faldo und Seve Ballesteros berühmt. Heute bietet die Firma ein breites Sortiment aus Bällen, Bags, Handschuhen und Accessoires an. Die in Schwerin ansässige Firma Clubtags arbeitet mit genauem Blick für Nachhaltigkeit und Qualität. Nicht nur Bagtags findet man in ihrem Angebot, sondern auch ein großes Sortiment personalisierbarer Accessoires aus Leder, Holz und Metall. Wunderbare Scorekartenmappen aus vegetabil gegerbtem Leder zum Beispiel.
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