Ein altes Sprichwort besagt, dass es im Sport nicht viele ungeschlagene Champions gibt – einer von ihnen ist allerdings Vater Zeit. Der golfende Best Ager kann sich aber so mancher Hilfsmittel bedienen, um das ewige Duell lange Zeit spannend zu gestalten. Auf die Suche nach diesen begibt sich unser fiktiver Best Ager Bernhard und liefert damit so manche Blaupause für den Golfalltag!
Illustrationen: Dominic Vielnascher
Schrill klingelt sein Wecker ein weiteres Mal. Diesmal verzichtet Best Ager Bernhard auf die Snooze-Funktion, schiebt die wohlig warme Decke zur Seite und rollt sich mühsam aus dem Bett. Der Rücken zwickt, Knochen knacken. Ja, er ist keine 20 mehr, denkt er, und schaut lächelnd auf die Uhr. Kurz nach sieben, gut zwei Stunden bis zur Tee Time. Das Abendessen gegen seinen Kumpel Michael hat er so gut wie sicher, dieser trifft in letzter Zeit kaum einen Ball. Auch Bernhard ist nicht in Topform, zusehends weist sein Spiel hier und da ein paar Lücken auf. Aber so ist Golf nun mal, nichts dergleichen beunruhigt den kräftig gebauten Lebemann. Mit einem Guten-Morgen-Kuss für seine Frau verabschiedet sich Bernhard unter die Dusche und denkt schon an den ersten Abschlag, welcher das Fairway wie ein Messer in der Mitte durchschneiden wird.
Das Hier und Jetzt
„Ich habe lange nicht mehr so konstant gespielt“, grinst Michael und verstaut seine Golftasche im Spind. „Du hast es mir aber auch nicht besonders schwer gemacht.“ Grimmig löst Bernhard seine Schnürsenkel, immer darauf bedacht, seinem Bezwinger nicht in die Augen zu schauen. Schon an Loch 15 war das Spiel entschieden und überraschenderweise nicht mit dem von ihm erwarteten Sieg. Michael hatte tatsächlich das Abendessen gewonnen, was Bernhard seit dem letzten Putt gehörig die Laune verhagelte.
„Gehen wir noch was trinken, Bernie?“, fragt der Bauingenieur seinen Freund, der eigentlich am liebsten direkt vom Hof rauschen würde, letztendlich aber kein schlechter Verlierer sein will. Kurz darauf sitzen die beiden auf der Clubhausterrasse und genießen die ganz eigene Ruhe des Golfplatzes. „So solides Golf hätte ich von dir ehrlich gesagt nicht erwartet“, gesteht Bernhard und nimmt einen Schluck Bier. Michael lacht. „Ich eigentlich auch nicht, aber vielleicht trägt ja meine Arbeit abseits des Platzes langsam Früchte.“ Bernhard beugt sich neugierig nach vorn. „Arbeit?“ Michael lehnt sich zurück.
Die Erkenntnis
„Ich habe gedacht, dass ich mit zunehmendem Alter ein wenig mehr in den Sport investieren muss“, so der 62-Jährige. „Ja, deinen neuen Driver triffst du echt gut“, wirft Bernhard ein. „War bestimmt nicht billig das Ding!“ „So viel hat der nicht gekostet“, winkt Michael ab. „Er ist auf mich zugeschnitten und hat einen Seniorenschaft.“ Michael bemerkt das missmutige Gesicht seines Freundes und lacht. „Nun schau nicht so drein wie sieben Tage Regenwetter. Wir werden auch nicht jünger und der Pro meinte, dass es für meinen Schwung genau das Richtige wäre. Ich habe mir von ihm auch ein paar Übungen zeigen lassen, die meine Mobilität verbessern sollen. Und meine Ernährung habe ich umgestellt.“
Mobilität, Fitnessübungen, Ernährungsumstellung? Langsam fragt sich Bernhard, wer dieser Mann ihm gegenüber ist und was er mit seinem Kumpel gemacht hat. Eigentlich gehören die beiden seit jeher zu denen, die ohne große Umschweife den Ball aufteen, sich hinterher ein zünftiges Mahl gönnen und für die Golf mehr Spiel als Sport ist. Gerade will Bernhard seinem Freund ins Gewissen reden, da schickt dieser noch etwas hinterher. „Irgendwann muss man mit sich selbst ehrlich sein“, grinst Michael fröhlich und trinkt von seiner Apfelschorle.
Heimische Hilfe
Als Bernhards Frau Anna am Abend in Richtung Schlafzimmer geht, sieht sie Licht im Büro brennen. Bernhard hängt hochkonzentriert und mit tief sitzender Lesebrille vor dem Computer. „Was machst du, Liebling?“, fragt Anna ihren Göttergatten und lehnt sich in den Türrahmen. „Ich recherchiere, wie ich besseres Golf spielen kann.“ „Die vier Male die Woche spielen reichen wohl noch nicht“, schmunzelt Anna und erntet einen bösen Blick. „Schon gut, ich für meinen Teil werde jetzt schlafen gehen, das würde deinem Spiel sicherlich auch helfen.“ Sie gibt ihrem Mann noch einen Gute-Nacht-Kuss und verschwindet dann zu Bett.
Bernhard allerdings stürzt sich im Internet auf dutzende Seiten mit Golf- und Fitnessübungen für Zuhause. Einige von ihnen kritzelt sich der Best Ager auf einen Notizblock, andere probiert er direkt einmal aus. Ganz besonders zu Herzen nimmt er sich dabei den Ratschlag, dass er es bei den Abläufen nicht sofort übertreiben soll. Es wäre eh nicht möglich gewesen, denn ob beim Vorbeugen oder einem Ausfallschritt merkt Bernhard sofort, dass für ihn Verrenkungen dieser Art schon ein Weilchen her sind. Nicht nur deshalb grinst seine Frau auch, als sie noch einmal am Büro vorbeischlendert, um sich ein Glas Wasser zu holen.
Neue Werkzeuge
Zwei Wochen später steht ein nervöser Bernhard auf der Drivingrange und sucht sehnsüchtig die Umgebung ab. Endlich, da ist er! Head Pro Alan Williams, ein in sich ruhender Export des britischen Königreiches, stapft mit einem länglichen Paket unter dem Arm auf die Range. „Hier sind die guten Stücke“, begrüßt er einen freudestrahlenden Bernhard. Gemeinsam zerreißen die beiden Männer die Pappe und befreien einen glänzenden Satz neuer Schläger von ihren Plastikhüllen. „Graphitschäfte und kein 3er-Eisen mehr, daran werde ich mich erstmal gewöhnen müssen“, sagt Bernhard und streichelt vorsichtig über den Schlägerschaft.
„An deiner Stelle würde ich auch noch über Hybrids nachdenken, die machen dein Leben zusätzlich leichter“, grinst Alan. Bernhard runzelt die Stirn. „Du willst doch nur, dass ich dir den nächsten Urlaub finanziere.“ Alan lacht und klopft seinem Schüler auf die Schulter. „Ich möchte nur, dass du zufrieden bist“, sagt der Engländer. „Wusstest du, dass laut Studien 92 Prozent aller Golfer mit für sie falschem Material spielen? Wenn wir das beim Essen so machen würden, müssten wir glatt alle verhungern. Ganz ohne Training geht es aber natürlich auch nicht.“ Bernhard teet den ersten Ball auf und dreht sich nach einem Probeschwung um, der sich wunderbar leicht anfühlt. „Ich weiß ja, wo dein Plan hängt“, lächelt er und schlägt den ersten Ball die Range hinunter.
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