Normalerweise mache ich um Sprüche, die vor Weisheit und deeper meaning triefen, einen großen Bogen. Wand-Tattoos, die den Sinn des Lebens heraufbeschwören, an die allgemeine Vernunft appellieren oder uns zwingen wollen, mehr aus unserer Zeit zu machen, lösen in mir verlässlich Brechreiz aus. Dennoch kommt einem in diesen Tagen unweigerlich eine solche geflügelte Weisheit in den Sinn, die sich bei näherer Betrachtung immerhin so etwas wie eine Daseinsberechtigung erkämpft:
„Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah!“ J.W.v. Goethe, „Erinnerung“
Ja, ich weiß: Eben noch am Weg zum Klo, finde ich nun gefallen am allgemein akzeptierten Leitspruch aller Sesselkleber. Doch wenn eine Pandemie von globalem Ausmaß unsere Politiker dazu zwingt, die Grenzen dicht zu machen, obwohl der Sommer vor der Tür steht, müssen auch die eigenen Gesetzmäßigkeiten neu evaluiert werden. Besondere Zeiten, besondere Regeln, you name it.
Zweckoptimismus ist also angesagt, wenn es darum geht, die nächsten Monate zu absolvieren. Tatsächlich spricht gar nichts dagegen, es sich mit Neugier und Optimismus in den eigenen vier Wänden, im Garten und der näheren Umgebung erst einmal gemütlich zu machen – und die Möglichkeiten auszuloten, dennoch aktiv und abenteuerlustig zu bleiben.
Trendwort Staycation
Als heißer Anwärter auf das Wort des Jahres 2020 (wann hat man eigentlich begonnen, Wörter, die uns auf die Nerven gehen, medienwirksam auszuzeichnen?) darf es an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben: Staycation gilt als Inbegriff des Zuhausebleibens, obwohl man Zeit hätte, zu verreisen. Der Neologismus, der aus dem Amerikanischen kommt und sich aus „stay“, bleiben, und „vacation“, Urlaub, zusammensetzt, meint sinngemäß einfach Urlaub, den man zu Hause verbringt. Falls Sie der englischen Sprache mächtig sind, können Sie diesen letzten Satz gerne ignorieren. Hätte ich eher anmerken sollen? Stimmt. Mea culpa! Aber wenn Sie im Urlaub auf Balkonien eines haben, ist es ohnehin vor allem eines: Zeit.
Immerhin: Wer Zeit hat, kann das Leben genießen. Zum Beispiel, indem man sich bewusst hinsetzt, um ein spannendes Buch zu lesen oder ohne Ablenkung einem guten Album zu lauschen. Thematisch möchte ich allen Zuhausegebliebenen die folgende Playlist ans Herz legen.
Sieh Dich um!
Doch wie funktioniert er nun, der Urlaub zuhause? Ganz einfach: Lange schlafen und ohne Zeitdruck zum Frühstück. Niemand isst einem etwas vom All-You-Can-Eat-Buffet weg, und der Stress der Städtetouristen, in 3 Tagen möglichst alles sehen zu müssen, betrifft Sie auch nicht. Danach gilt es, in aller Ruhe (müsste Urlaub nicht genau so funktionieren?) den Tag zu planen – sollten Sie überhaupt gewillt sein, das eigene Gartenparadies zu verlassen.
Wenn doch, winken (fast) alle Möglichkeiten und Annehmlichkeiten, die uns als Bewohner einer der reichsten westlich-gebildeten Nationen dieses Erdballs offenstehen: Etwa Seen mit Trinkwasserqualität und eine Bergwelt, die ihresgleichen sucht. Sie wohnen eher im Norden? Kein Problem! Nord- und Ostsee und sind ebenso malerische Orte, deren Natur uns verzaubern kann. Gebiete, die Erholung schenken, gibt es im gesamten deutschen Sprachraum. Man muss sie nur suchen!
Umgemünzt auf unser liebstes Hobby bedeutet dies: Seit wir wieder gepflegt die Golfschläger schwingen dürfen, pilgern wir in unsere Heimatclubs und freuen uns, bekannte Gesichter (hinter Masken) zu sehen. Sie haben keine Lust mehr auf die alten Handicap-Ganoven Fritz und Gerda oder Jenny und Uwe (Namen frei erfunden! Sie fühlen sich dennoch ertappt? Zufall!)? Dann lernen Sie doch alle Golfclubs kennen, die sich in einem frei definierten Radius befinden. Sie werden staunen, was es noch zu entdecken gibt, wenn man die Gelegenheit nutzt. Viele Golfclubs haben auch Partner-Clubs, wo ihre Mitglieder auf gegenseitiger Basis zu besonders günstigen Konditionen Golf spielen können. Tourismus-Verbände, wie Golf Alpin in Salzburg und Tirol oder Golf in Kärnten schnüren zudem attraktive Packages, um möglichst viel Golf zu preiswerten Konditionen im Sommerurlaub erlebbar zu machen.
HOLISTAY & STAYCATION: DIE VORTEILE
- Der Weg ist das Ziel? Ob Koffer packen, zum Flieger hasten, stundenlange Flugverspätungen oder Stau am Terminal, vorm Museum oder auf der Autobahn: Nichts trübt die Urlaubsstimmung so sehr wie nervenaufreibende Probleme bei An- und Abreise.
- Alles da. Verschmutztes Pool, der Grill auf der Veranda ist verwüstet? Weit und breit kein W-LAN und im Appartement fehlt es an grundlegenden Einrichtungsgegenständen? Zuhause kann das nicht passieren!
- Gute Nacht. Wer reist, braucht Schlaf. Nichts ist schlimmer, als eine zu harte oder zu weiche Matratze oder ein unbrauchbares Kopfkissen nach einem anstrengenden Tag der Anreise. Im eigenen Bett sind erholsame Stunden (hoffentlich!) sicher.
- Alles easy. Kennen Sie folgende Situation? Sie kommen am Urlausort an und verspüren als erstes – Stress? Man weiß: Die Zeit hier ist begrenz, möchte aber trotzdem möglichst viel erleben und sehen. Zuhause gibt es diesen Zwang nicht, man kann abschalten. Was nicht bedeutet, dass es nicht auch zuhause noch einiges zu entdecken gibt!
Die Krise als Chance
Coach und Speaker Robert Nussbaumer erklärt in einem seiner lesenswerten Beiträge, dass Menschen wie Sir Isaac Newton oder Viktor Frankl mit der richtigen Einstellung die Zeit der Krise für sich nutzen konnten. Wir sind also gut beraten, mit Optimismus in die Zukunft zu blicken und die Chance auf Veränderung zu ergreifen.
Lokale Hotels und Restaurants, die schwere Wochen hinter sich haben, dürfen nun endlich wieder ihre Gäste begrüßen. Auf Urlauber aus dem fernen Ausland warten sie oft aber noch vergeblich. Wann in Österreich, Deutschland und der Schweiz wieder die übliche Zahl an Touristen aus Nah und Fern ihren Urlaub verbringen dürfen, steht in den Sternen.
Einzelne Stimmen hoffen auf 2021, Realisten rechnen mit 2022. Immerhin könnte dann ein gewisser Nachholeffekt zum Tragen kommen: Wer vorerst zuhause bleiben musste, wird es später am Urlaubsmarkt so richtig krachen lassen. Wohin die Reise dann geht, steht freilich in den Sternen.
Zurück ins Jetzt: Könnte dies die ideale Gelegenheit sein, die vielgelobte Gastlichkeit heimischer Touristiker einmal selbst zu erleben? Wahrscheinlich ja. Nutzen sie die einmalige Chance, Orte zu besuchen, die üblicherweise von Touristen überrannt werden, nur um ihren eigentlichen Charme zu verlieren.
Ob Hallstatt oder Neusiedlersee, Schwarzwald oder Passau, Kärnten oder Südsteiermark, Sylt oder Hansestadt Hamburg: Ohne Menschenmassen aus Fernost oder Nordamerika kann man 2020, sobald es die Gesetzgeber erlauben, all diese Orte authentischer erleben, als dies in den letzten Jahrzehnten der Fall gewesen sein dürfte.
Das Klima dankt
Wenn uns die Corona-Krise etwas vor Augen führen kann, dann sicherlich auch folgende Selbsterkenntnis: Es bedarf erst einer Viruspandemie von globalem Ausmaß, damit wir Schritte setzen, auf die unsere Umwelt seit Jahrzehnten wartet. Ohne Verschwörungstheoretikern und Naturesoterikern den Hof machen zu wollen, bleibt der Eindruck: Die Natur setzt ein Ausrufezeichen, um auf ihre Notlage hinzuweisen.
Eindrucksvolles Bildmaterial der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA belegt, wie stark sich der Corona-Lockdown auf die weltweite Luftqualität allein in den ersten Wochen ausgewirkt hat. So reduzierte sich etwas der Stickoxid-Ausstoß über von Smog geplagten Metropolen wie Mailand oder Peking um weit mehr als die Hälfte. Mensch und Natur atmen durch, so scheint es.
Auf der anderen Seite zeigen Statistiken und Bilder von Flightradar24, der wohl bedeutsamsten öffentlichen Online-Plattform für Flugdatenaufzeichnung und -darstellung in Echtzeit, wie sehr sich der Flugverkehr von unfassbaren auf immer noch große, aber immerhin kleinere Zahlen reduzierte.
Lässt man spezifische Unterschiede einzelner Kontinente außer Acht, verzeichnete Flightradar24 im April 2020 durchschnittlich 69.586 Flüge pro Tag. Dies bedeutet einen Rückgang von 62% gegenüber April 2019. Die Gesamtzahl der verfolgten Flüge war von Mitte März bis Mitte April rückläufig, bevor sie sich in der zweiten Monatshälfte leicht erholte. Im April 2020 war der 28. Tag mit 80.714 Flügen der geschäftigste Tag am Himmel. Im Vorjahr war es übrigens der 17. April mit damals 203.239 Flügen.
Die Zahlen belegen: Corona hat das Zeug dazu, uns eine Hintertür aus der Endlosschleife an Ressourcenverbrauch und Naturverschmutzung aufzuzeigen. Es liegt nun an uns, ob wir die richtigen Schritte setzen und den (wenn auch zuerst unfreiwillig) eingeschlagenen Weg fortsetzen. Beginnen können und sollten wir alle, jeder für sich, auch im Einzelnen – indem wir den Urlaub zuhause in vollen Zügen genießen.