From Scratch

Den modernen Golfprofi verortet ein hartnäckiges Vorurteil schon von privilegierten Kindesbeinen an im Country Club, die Karriere scheint den besser Gestellten quasi in den Schoß zu fallen. Dass dies früher und heute nur selten der Fall ist, beweisen jene zahlreichen Beispiele, wo Golfer aus Nichts Alles machten!

Die Anfänge des Golfspiels auf rauem Geläuf in den Dünen Schottlands waren zu ihrer Zeit eher bescheiden – ein vielerorts vergessener Umstand, der das moderne Image des Sports aber nicht mehr wirklich eingefangen bekommt. Jenes Bild vom Spiel der wenigen, die viel auf dem Konto haben, zelebriert von denen, die unter sich waren, sind und bleiben wollen. Denen aus dem Country Club oder Landclub, wie es hierzulande heißt. Sieht man auf die Profitour, dann bestätigt sich jenes Vorurteil für den zeitweiligen Zuschauer sofort. Dann, wenn gut gebaute, braungebrannte College-Boy-Verschnitte in maßgeschneidertem Zwirn die weiße Kugel über den Rasen jagen und aussehen, als könnten sie im nächsten Moment die Yacht in St. Tropez besteigen oder für die Marke mit dem Polospieler Modell stehen. Was sie manchmal ja auch tun.


Was so wunderbar ins Bild zu passen scheint, war und ist aber eben nur ein tatsächliches Vorurteil, das eigentlich keinerlei Unterbau in der Realität genießt. Natürlich ist Golf ein Spiel, mit dem sich vorzugsweise die oberen Zehntausend und ein paar Zerquetschte ihren müßigen Tag vertreiben, aber es ist kein Spiel, in dem nur die Upper Class Erfolge feiern kann. Bei genauerem Hinsehen sind es nämlich vor allem Menschen aus einfachen oder gar prekären Verhältnissen, die auf den Touren dieser Welt beeindruckende Erfolge feiern und den Beweis antreten, dass Golf ein Startschuss für ein gesamtes Leben sein kann.

Bernhard Langer

Der wohl beste deutsche Golfer aller Zeiten wuchs im Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg auf, den sein Vater noch als Motorradkurier erlebt hatte und in dem er nur um ein Haar der russischen Kriegsgefangenschaft entgangen war. In der Bundesrepublik verdingte sich der Papa als Maurer, die Mama arbeitete als Serviererin, insgesamt war das Geld knapp. Umso beeindruckter war Bernhard Langer, als sein Bruder Erwin eines Tages mit ein paar Mark in der Tasche nach Hause kam. Er hatte sie auf dem hiesigen Golfplatz als jugendlicher Caddie verdient. „Ich war neun Jahre alt und erinnere mich noch, wie begeistert ich war“, so Langer. „Ich wollte ein bisschen Geld für Süßigkeiten verdienen, die wir sonst nie im Haus hatten.“ Nach dem Erstkontakt dauert es nicht lange und Langer verliebt sich in das Spiel, das ihn Jahre später zum Weltstar machen soll.


Du möchtest immer am Golfball bleiben und kein Gewinnspiel verpassen? Melde dich jetzt zum Perfect Eagle Newsletter an!

* Angaben erforderlich

Download von www.picturedesk.com am 03.07.2024 (08:47). FILE – In this July 10, 1953, file photo, Ben Hogan, of Fort Worth, Texas, holds the Claret Jug trophy after winning the British Open Golf Championship to achieve the Triple Crown at Carnoustie, Scotland,. The American golfer, who won the U.S. Open and Masters championships, broke the British Open record on the Carnoustie course with a 68 for a 72 hole total of 282. (AP Photo/Dennis Lee Royle, File) – 19530710_PD0015 – Rechteinfo: Rights Managed (RM)

Ben Hogan

Ben Hogan ist gerade einmal neun Jahre alt, als sich sein Vater Chester, ein einfacher Schmied aus Texas, nach einem Streit mit seiner Frau den 38er-Revolver auf die Brust setzt und abdrückt. Von einem Tag auf den anderen bricht für Hogan eine Welt zusammen, die neue muss er sich mit eisernem Willen und akribischem Arbeitseifer neu verdienen. „Meine Familie war nicht reich, sie war arm“, erzählt Hogan einmal. „Mir tun die reichen Kinder heute leid, weil sie nie die Möglichkeit haben werden, die ich durch widrige Umstände gehabt habe. Ich kann mit Widerständen umgehen, sie werden es nicht können.“ Um die Familie zu unterstützen, trägt Hogan Zeitungen aus und trampt schließlich sieben Meilen, um bei einem Golfclub in der Nähe als Caddy anzuheuern. Bald darauf schläft er etliche Nächte im Caddy Shack, um am nächsten Morgen sofort die für ihr generöses Trinkgeld bekannten Spieler abzufangen.

Download von www.picturedesk.com am 03.07.2024 (08:47). Lee Trevino, who was one stroke behind the leaders in the first two rounds of the Colonial National Invitational Tournament in Fort Worth, Texas, clenches his fist after sinking a par on the 18th hole to take the lead in the third round, May 13, 1978. Trevino, of Santa Teresa, N.M., was tied with Steve Melnyk on the 17th hole but moved into the lead when Melnyk bogied number 18. Trevino finished the first three rounds with an 8-under-par 202. (AP Photo/Pete Leabo) – 19780513_PD0003 – Rechteinfo: Rights Managed (RM)


Lee Trevino

In seiner Kindheit war der Samstag für Lee Trevino nicht etwa ein Tag mit einer frühen Tee Time, sondern schlichtweg der einzige Badetag der Woche. Dann gingen seine Mutter und sein Großvater nämlich zum nahegelegenen Bach, füllten eine Wanne mit Wasser und badeten die Kinder, mit denen sie in einer alten Hütte auf kargem Erdboden wohnten. Elektrizität, laufendes Wasser – Fehlanzeige. Trevino wuchs ohne Vater auf und hielt sich deshalb an seinen Opa, der auf dem Hillcrest Cemetary Friedhof in North Dallas 40 Dollar die Woche verdiente. Der kleine Lee half ihm lange Zeit dabei, Gräber auszuheben, das Schwingen der Schaufel hat ihm nach eigenen Angaben später bei seinem Golfschwung geholfen. Als ständig Bälle vom benachbarten Golfplatz vor der Hütte landen, sammelt Trevino sie auf und verkauft sie. Später findet er als Caddy und „Hustler“ auf der Drivingrange über den Umweg der Armee zum aktiven Golf.

Download von www.picturedesk.com am 03.07.2024 (08:49). Tony Finau watches his tee shot on the 12th hole during the first round of the Colonial golf tournament, Thursday, May 21, 2015, in Fort Worth, Texas. (AP Photo/LM Otero) – 20150521_PD7480 – Rechteinfo: Rights Managed (RM)


Tony Finau

Finau wächst in Rose Park auf, einem von Gangs bestimmten Viertel in Salt Lake City. Kinder polynesischer Abstammung spielen hier eigentlich Football, doch weil sein Bruder bereits erste Schritte beim Golf macht und er Tiger Woods im Fernsehen sieht, will auch er es versuchen. Mit einer klassischen Ausbildung wird es allein aus finanziellen Gründen schwer, sein Vater Kelepi muss neun Kinder mit einem Jahresgehalt von 35.000 US-Dollar durchbringen und kann sich Stunden oder teure Green Fees nicht leisten. Aber Not macht bekanntlich erfinderisch. Kelepi kauft für 75 Cents das Stück Schläger bei der Heilsarmee und baut mithilfe von Matratzen und Teppichstücken eine eigene Abschlagmatte in der Garage auf. Finau wird zum akribischen Arbeiter, den das unkonventionelle Setup zu einem enorm kreativen Spieler macht – die Grundlage für eine spätere PGA-Tour-Karriere.

Download von www.picturedesk.com am 03.07.2024 (08:48). Jason Day of Australia waves to the crowd after sinking his putt on the 14th green during the first round of the Memorial Tournament at Muirfield Village Golf Club in Dublin, Ohio June 4, 2009. REUTERS/John Sommers II (UNITED STATES SPORT GOLF) – Werbliche Nutzung erfordert Freigabe: bitte schicken Sie uns eine Anfrage. – 20090604_PD6482 – Rechteinfo: Rights Managed (RM) Nur für redaktionelle Nutzung! Werbliche Nutzung erfordert Freigabe: bitte schicken Sie uns eine Anfrage.


Jason Day

Die Familie Day ist finanziell alles andere als auf Rosen gebettet, auch wenn Jasons Eltern schwer in einer Fleischverarbeitungsfabrik schuften. Damit er seinen Kindern doch das ein oder andere bieten kann, geht der Papa immer wieder auf die lokale Müllkippe, um hier eventuell Spielzeug für den Nachwuchs zu finden. Eines Tages kommt er mit einem Golfschläger wieder und entzündet damit die Leidenschaft seines Sohnes. Bis er aber auf den Fairways dieser Welt zum Star emporsteigt, muss Jason sich erst durch sein schweres Schicksal kämpfen. Der trinkende Vater wird gewalttätig und stirbt, als Jason zwölf Jahre alt ist, er selbst kommt vom Weg ab und findet nur mit Mühe in die Bahn. „Eigentlich hat uns meine größere Schwester groß gezogen“, so der spätere PGA-Champion rückblickend. „Es waren schon schwere Zeiten, aber die haben doch fast alle auf dieser Welt.“

Download von www.picturedesk.com am 03.07.2024 (08:47). FILE – In this April 13, 1980 file photo, Seve Ballesteros of Spain, left, is helped with his Masters green jacket by the previous year’s winner, Fuzzy Zoeller, right, after winning the 1980 Masters, in Augusta, Ga. Ballesteros had a 10-shot lead going to the back nine in the 1980 Masters before throwing away shots. His six-shot win was one of the most dominant Masters victories. (AP Photo/file) – 19800413_PD0010 – Rechteinfo: Rights Managed (RM)


Seve Ballesteros

Die große Karriere von Severiano Ballesteros, die ihn zu einem der berühmtesten europäischen Spieler aller Zeiten werden ließ, hatte einen mehr als bescheidenen Anfang. In seiner Heimatstadt Pedreña, einem kleinen Fischerdorf in Nordspanien, bastelte sich der spätere Magier seinen ersten Golfschläger aus einem Stock und dem Kopf eines alten 3er-Eisens selbst zusammen. Mit diesem Spielgerät übte der Bauernsohn am Strand alle nur erdenklichen Schläge und griff damit seinen später berühmten Shot-Making-Skills vor. Denen haben wohl auch die Kiesel nicht geschadet, die zunächst als Bälle fungierten. Für etwas anderes war einfach kein Geld da.


Download von www.picturedesk.com am 03.07.2024 (08:47). FILE – In this May 22, 1983, file photo, Calvin Peete holds his arms up in thanks to the gallery as they give him a standing ovation after he made a birdie on the 18th hole to win the Georgia Pacific-Atlanta Classic golf tournament in Atlanta. Peete, the most successful black player on the PGA Tour before the arrival of Tiger Woods, died Wednesday morning, APril 29, 2015. He was 71. (AP Photo/Joe Holloway Jr., File) – 19830522_PD0012 – Rechteinfo: Rights Managed (RM)

Calvin Peete

Calvin Peetes Vater hatte 19 Kinder aus zwei Ehen und als er den zehnjährigen Calvin nach einem kurzen Intermezzo bei seiner Großmutter in Missouri zu sich nach Florida holt, steht schnell fest, dass der Junge mit anpacken muss. Von den ersten Sonnenstrahlen an bis in den späten Abendstunden schuftet Calvin in den Gemüsefeldern von Pahokee und liefert den Verdienst anschließend bei seinen Eltern ab. Viel war es nicht. „Für Mais gab es zum Beispiel einen Dollar pro Stunde“, sagt einer der großen afroamerikanischen Pioniere im amerikanischen Golf. Später mausert sich Peete zum Geschäftsmann, lernt dann aber mit 23 Jahren das Golfspiel kennen. Er ist so begeistert davon, dass er sich einige Jahre später für eine Profikarriere entscheidet, in welcher er unter anderem zwölf Turniere auf der PGA-Tour gewinnen soll.


Sam Snead

„Slammin‘ Sammy“ wuchs auf einer Hühnerfarm in Ashwood, Virginia, auf, seine Familie hatte nie viel Geld und die Arbeit auf dem Hof war hart. Snead kokettierte gerne mit dem Image des Naturburschen, wobei er als Jugendlicher tatsächlich einen Großteil seiner Zeit mit Fischen und „Squirrel Hunting“ verbrachte. Eines Tages bastelt er sich aus altem Ahornholz auch seinen ersten Golfschläger zusammen, bevor er als Caddy die große, weite Golfwelt für sich entdeckt. Auch als einer der vielleicht größten Spieler des 20. Jahrhunderts vergisst Snead dabei nie, woher er kommt. „Sam wusste immer den Preis seines Frühstücks, bevor er es gegessen hat“, beschreibt sein langjähriger Agent Fred Corcoran mit einem Lächeln.

Similar Articles

Comments

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Instagram

Most Popular