Florian Bauer im Interview

Florian Bauer ist seit 4 Jahren Chefredakteur bei Sky Sport Golf und ein Mann, der viel zu sagen hat. Wir trafen the Voice of Golf zum Interview.

FOTOS: Stefan von Stengel, beigestellt

„Golf ist kein Sport! Wir glauben, doch!“ Was sagst du als bekannter Fußball-, ­Tennis-, Box- und Golfexperte und diplomierter Sportjournalist dazu?

Florian Bauer: Golf ist nicht irgendein Sport, Golf ist für mich die mit Abstand schwierigste Sportart der Welt. Damit meine ich nicht die physischen Belastungen, die du hast, ich meine vor allen Dingen die absolute Erbarmungslosigkeit dieser Sportart. Da ist, sportwissenschaftlich betrachtet, nur Stabhochsprung noch schwieriger und noch komplexer. Aber habe ich im Golf fünf Versuche wie im Stabhochsprung? Nö! Kann ich jetzt sagen, wenn ich ein Birdie gespielt habe, habe ich danach fünf Versuche, ein Eagle zu spielen, und wenn ich das schaffe, kann ich danach in Richtung Albatros gehen? Nein! Habe ich im Stabhochsprung einen schlechten Bounce? Nee. Im Golf wird jeder Fehler bitterböse bestraft, weil er bis zum Ende mitgenommen wird. Wenn du im Golf zwei Triple-Bogeys hintereinander spielst, wirst du mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dieses Turnier nicht mehr gewinnen – und es ist egal, ob es in der ersten oder in der finalen Runde ist. Ich kriege den Spruch oft zu hören, und ich habe mir bestimmt schon fünfzigmal in meinem Leben diese Großmäuler vorgenommen und habe gesagt, lass uns mal eine Stunde auf die Driving Range gehen. Die haben danach im Schweiße ihres Angesichts alles zurückgenommen, was sie vorher darüber dachten, und rufen dich zwei Tage später an und sagen, du Arsch, ich habe einen Muskelkater wie noch nie in meinem Leben. Das Klischee ist absurd, ist lächerlich, und das kann nur von Leuten kommen, die es noch nie gemacht haben.

Du bist ja nah an den Profi-Golfern dran. Wie sieht deren Sportprogramm aus?

Das ist für die ein Fulltime-Job. Die stehen jeden Tag schon acht Stunden auf der Wiese. Golf hat ja eine Faszination, ist fast eine Art Mysterium, denn die Jungs sind nie zufrieden. Eigentlich müsstest du sagen, wenn du diesen Status des Profi­daseins erreicht hast, dann hör doch auf, an deinem Schwung zu arbeiten, denn der ist ja da, und du kannst Runden von fünf, sechs, sieben, acht, neun unterspielen. Der Schwung ist da, hör auf, an den Details zu arbeiten. Ja, aber das machen sie nicht. Die sagen, ich muss was ändern. Ich muss im Aufschwung was ändern, ich muss im Downswing was ändern, so viele Sachen müssen in ihren Augen adaptiert werden, um diesen Schritt weiterzukommen. Die sind nimmersatt, die sind nie zufrieden und irgendwie so ein bisschen getrieben. Die kommen zweieinhalb Stunden vorher hierher, die gehen alle ins Gym, und 95% sind extrem achtsam, was Ernährung angeht. Wann esse ich was, wie viel davon, warum, was macht das mit meinem Körper, und wie muss ich auf Bedingungen reagieren. Das ist so ein bisschen diese neue Welt. Da sind die Jungs alle gut ausgebildet. Das ist die körperliche Komponente, den Streich spielt am Ende immer der Kopf.

Du bringst einen neuen Schwung in die Golfberichterstattung. Hast du so etwas wie eine persönliche Mission?

Ich würde es nicht Mission nennen, aber Vision. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass Golf in Deutschland und in der ganzen D-A-CH-Region ein schlafender Riese ist. Das wird so unterbewertet und so unter Wert verkauft. Wir haben bei Sky über viele, viele Jahre hinweg niemanden gehabt, der sich dieses Themas wirklich angenommen hat, und die Konsequenz war, dass das eingeschlafen ist. Zu wenige Dinge wurden hinterfragt, zu wenige Dinge wurden einfach mal auf den Prüfstand gestellt. Ich bin jetzt 10 Jahre mit dabei und hab vor viereinhalb Jahren die Chefredakteursposition übernommen, und das dauert. Wenn du über fast zwei Jahrzehnte so ein bisschen festgefahrene Strukturen hast, musst du viel Geduld aufbringen, um Leute auf deine Seite zu holen, um auch zu beweisen, dass die Extrameile etwas bringt. Durch den Kanal haben wir die Plattform und die Möglichkeit gehabt, jetzt einmal Tabula rasa zu machen. Wir haben vorher immer nur 3 Stunden übertragen, weil das die Mindestanzahl ist, die wir laut Vertrag senden mussten. Heute zeigen wir alles, was geht. Wir haben die Ladies European Tour, die LPGA, die PGA Tour, die PGA Tour Champions, die DP Word Tour und dann haben wir den Ryder Cup und den Solheim Cup. Von den ganzen Events bekommen wir einstündige Highlights, und die sind nie gezeigt worden. Natürlich wissen die Leute immer noch zu wenig, dass es das gibt, aber auch das ist ein Prozess, wo wir Menschen sensibilisieren müssen und der einfach Zeit und Geduld braucht. Ich habe immer felsenfest daran geglaubt, dass alles, was in meinem Kopf so an Ideen rumschwirrt, großes Potenzial zumindest dafür bietet, um einer wahnsinnig treuen Community, die wir da draußen haben, wieder mehr Spaß zu bringen. Ich will, dass die Leute merken, wir machen das mit Liebe und wir geben da einfach viel Kreativität und Leidenschaft mit rein. Und wir sind lange, lange, lange noch nicht fertig.

Gibt es ein Vorbild im Golf-Broadcasting für dich?

Ich habe mir noch nie darüber Gedanken gemacht, deswegen gefällt mir die Frage. Mein Mentor ist moderativ immer Johannes B. Kerner gewesen. Der Mann hat so viel Wissen, so viel Erfahrung und Gelassenheit. Von dem habe ich viel gelernt. Aber ich habe im Golf niemanden, der das macht. Aber mir gefällt natürlich schon der Ansatz der Amis. Die machen das toll, denn sie haben hier einen auf dem Platz, da noch mal einen Analytiker und dann da noch mal einen, und die sind in der Lage, das zu orchestrieren, aber dafür brauchst du eine Crew von fünfzig Mann. Ich mache das hier alleine mit einem Menschen in München, der nur dann in der Regie eingesetzt wird, wenn wir vor Ort sind. Das ist natürlich für uns nicht möglich.


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Seit drei Jahren habt ihr einen eigenen Golfkanal. Wie ist die Entwicklung bisher? Und wohin geht die Reise?

Super. Der Kanal ist ein Gamechanger. Die Entwicklung ist, dass die Leute mehr und mehr lernen, dass es ein Zuhause für Golf gibt, und das dauert natürlich seine Zeit. Wenn du heute eine Umfrage in Golf-Deutschland machst – und da lege ich mich fest –, dann wissen 99% von allen Sky-Abonnenten, dass es einen Golfkanal gibt. Als es diesen Golfkanal noch nicht gab, musstest du ein Riesensammelsurium an Sportarten auf Sky Sport screenen, um Golf sehen zu können. Jetzt weißt du, ich geh auf den Golfkanal, und da gibt es Golf. Entweder live, eine Wiederholung, eine Zusammenfassung, Highlights oder tolle Formate, und es gibt da eines, das liebe ich über alles, es heißt „Auf 9 Loch mit …“. Da gehst du mit einem Profi neun Loch, und jedes Loch hat ein eigenes Thema und dauert eine Viertelstunde. Der gibt einen Einblick in sein Seelenleben, dass das Leben auf der Tour auch nicht immer nur eine Seite der Medaille ist. Das sind so – sorry – „geile“ hochwertige Elemente, die wir mit den kleinen Mitteln, die wir haben, umsetzen. Das ist mega. Die Leute nehmen das toll an und immer mehr finden regelmäßig den Weg zu unseren Sendungen. Die Reise geht, wenn ich es mir malen könnte, dann dahin, wir machen noch mehr Doppelkommentar, wir besetzen noch mehr vor Ort, wir sind noch mehr in der Lage, auch die Ladies mit Personal zu besetzen, und dass wir wegkommen vom Abbilden, hinkommen zum Eigene-Geschichten-Erzählen. So, das wäre mein Wunsch.

Zu neuen Formaten: Ist da was in Planung? Stichwort Sepp Straka und die Schnitzel-Challenge.

Ja, wenn der Sepp sich für die Tour Championship in Atlanta qualifiziert, gehe ich mit ihm Minigolf spielen. Ich kann noch ganz gut putten aus meiner alten Zeit, und da, glaube ich, habe ich eine Chance. Die Jungs sollen in einem Licht erscheinen, wie ich sie nicht erwarte. Ich will sie auf keinen Fall vor einem Logo-Backdrop mit einem Mikro stehend sehen. Ich will, dass sich was tut und dass wir in einer ganz freundschaftlichen, authentischen und lockeren Atmosphäre reden. Ich will den Menschen dahinter kennenlernen. Warum bist du, warum machst du das, warum glaubst du an das, wie hast du dieses geschafft, und was war deine Hürde. Wir machen also mit Sepp die Mini­golf-Challenge, wir machen mit Stefan Jäger die Schnitzel-Challenge, und wir machen mit Nicolai von Dellingshausen, der damals bei der Lufthansa die Pilotenausbildung machen wollte, ein Interview im Flugsimulator. Das ist eine Win-win-win-Situation, denn das ist eine tolle Situation für den Sportler, der sonst niemals eine solche Aufmerksamkeit kriegen würde, es ist für Sky super, weil du in einem überschaubaren Aufwand einen Tag produzieren kannst, und es ist vor allen Dingen für unsere Konsumenten geil, denn die sehen etwas, wo sie sagen: „Wow!“ Wenn sie das nächste Mal Nicolai von Dellingshausen bei irgendeinem Turnier sehen, dann nicht nur als Golfer, sondern auch als Menschen.

Was ist dein persönliches Lieblingsturnier?

The Players Championship in TPC Sawgrass, weil die PGA Tour der genialste Kooperationspartner ist, den man sich vorstellen kann. Wir haben da ein begeisterungsfähiges Team von 10 Leuten, die sich um die internationalen Medien kümmern. Wir verfolgen das gleiche Ziel, dass wir das Produkt so groß und so hochwertig und so elegant authentisch wie möglich machen wollen.

Kommst du vor lauter Reisen und Moderieren überhaupt noch zum Golfspiel?

Ne. Die letzte gute Saison, die ich gespielt habe, war 2021. Da war meine schlechteste Runde 4 über Par, und seitdem habe ich das Golfspielen verlernt. Seit 2 Jahren bin ich in einer schweren Krise, und ich habe tatsächlich auch schon an einem Ball ­vorbeigehauen. Ich habe eine Golf-Kopfblockade, und ich komme im Moment wenig bis gar nicht zum Spielen, bin aber maximal motiviert, dass sich das in diesem Sommer ändert.

7 Fragen an Florian Bauer

No-Go auf dem Golfplatz? Zu viel am Handy sein. Ich komme noch aus der Generation, wo du disqualifiziert wurdest, wenn du das Handy an hattest. Ich hasse die Leute, die auf dem Platz zu viel aufs Handy gucken, und ich hasse die Leute, die eine Wissenschaft draus machen und eine Pre-Shot-Routine von 2 Minuten haben, das Ding danach irgendwohin slicen und dann ernsthaft sagen, ich muss mal Loft- und Lie-Winkel checken. Akzeptiert, dass diese Sportart nicht kontrollierbar ist. Hört auf, eine Wissenschaft daraus zu machen, und habt mal ein bisschen mehr Spaß.

Lieblingsplatz? Der TPC Sawgrass, weil der mich am meisten gefordert hat. Aber ich habe noch viel auf der Bucket-List, denn ich habe nie diese großen Golfreisen gemacht. Ich war nie in Schottland, in Irland, in Großbritannien, in Südafrika oder in Marbella.

Lieblingsgolfplatzdestination? Mallorca oder Agadir. Golftechnisch liebe ich auch Mallorca. Außerdem muss ich auch sagen, dass es um München herum mindestens 10 Golfplätze gibt, da kriegst du die Kinnlade nicht mehr hoch.

Lieblingsflight? Jetzt bin ich gemein. Ich möchte mit drei Knastis spielen, von denen es diese Mugshots gibt: John Daly, Tiger Woods und Scottie Scheffler. Der Mugshot-Flight, der absolut perfekte Flight.

Horrorflight? Ich fühl mich eingeengt, wenn Leute um mich herum sind, die an allem was auszusetzen haben und irgendwie diese klassischen Nörgler sind. Ich brauche Leute um mich herum, die Kleinigkeiten wertschätzen können und die das Leben genießen. Wenn wir anfangen würden, uns echt zu beschweren, dann würden wir auch aus dem Lamentieren nicht mehr rauskommen, und dafür ist die Zeit zu schade.

Lieblingsschlag? Power Draw.

Lieblingsschläger? 9er-Eisen.

Tom May
Tom May
Leitung Branding bei Perfect Eagle
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