Golf-Communitys sind so alt wie das Spiel selbst, sie heißen heute nur meist anders. Perfect Eagle zeigt dir sieben besondere Beispiele für eine Gemeinschaft Gleichgesinnter.
Ein altes Sprichwort sagt: „Es kommt nicht drauf an, wie du Golf spielst, sondern mit wem.“ Seit Urzeiten sucht der Mensch die Gemeinschaft, zum Schutz, für vereintes Bemühen oder für den Austausch – bis hin zur ideologischen Gesinnungsgenossenschaft. „Wir Menschen sind genetisch darauf programmiert, Herdentiere zu sein“, weiß nicht nur der US-Sozialwissenschaftler Ben Zablocki. Und das große Spiel mit dem kleinen Ball, wenngleich als Individualsport definiert, macht da keine Ausnahme. Spätestens am 19. Loch ist wieder Gruppendynamik angesagt, wenn Heldentaten oder Misslichkeiten auf der Runde anschließend in der Runde kommuniziert werden.
Communitys sind so alt wie der Golfsport selbst, sie hießen früher nur anders. Mal abgesehen davon, dass die Golfszene an und für sich eine weltweite Gemeinde darstellt, dass jeder Club oder jede gemeinsam genutzte Anlage eine Art Gemeinwesen ist: Schon die frühen britischen Golf-Societies waren nichts anderes als das, was heute dank der eifrigen Übernahme von Anglizismen in den Sprachgebrauch, vulgo „Denglisch“, mit Community bezeichnet wird: Gentlemen mit Tagesfreizeit trafen sich auf den meist kommunalen und vielfach von mehreren Gesellschaften genutzten Links sowie in ihren Vereinsheimen, vereint in Spieltrieb und Trinkspaß – was übrigens unverändert gilt, die Art der Nutzung jedenfalls …
Aber die Bandbreite der Netzwerke ist heute naturgemäß um ein Vielfaches größer geworden, ihre Firmierungen und Titel, die jeweiligen Konstellationen und Gemeinsamkeiten sind Legion. Hobbyspieler, Mannschaften oder virtuelle Wettspieler, Damenkränzchen und Herrenrunden schließen sich zu Communitys zusammen. Automobilhersteller wie Audi, BMW, Mercedes oder Porsche, Versicherer wie die Allianz, Kultmarken wie Rolex gründen eigene Communitys für ihre golfenden Kunden, unterstützen Aktivitäten von lokal bis international oder den Nachwuchs, schreiben Turnierserien aus und sponsern Megaevents. Zahllose andere Wirtschaftsunternehmen adressieren ebenfalls ihre golfaffine Klientel.
Auch die Schweizer Einzelhandelsgenossenschaft Migros begründete unter dem Slogan „Golf für alle“ mit ihren Golfparks und besonders mit der Migros GolfCard letztlich eine Community. Es gibt Golfgesellschaften, die sich dem Benefiz-Gedanken verschrieben haben. Residenzen auf Golfplatz-Arealen oder entlang der Fairways sind per Hinweisschild als „Gated Communities“ ausgewiesen. Selbst Händler von Fernmitgliedschaften oder Vermittler vermeintlich elitärer Golferlebnisse beschwören eigene Zirkel. Und, und, und. Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern streiflichtert bloß. Aber alles ist Community. Und deshalb nachfolgend sieben prägnante Beispiele, querbeet durch Zeit und Raum.
Glücksfall 13
Die Konstellation klingt bekannt: Schon 1744 war die Vergabe von Fördermitteln mit einer Menge Bürokratie verbunden. Und wenn ein kommunales Gremium einen kostbaren silbernen Schläger für ein Golf-Wettspiel stiftete, dann ging so was auch damals mit gewissen Auflagen einher. Also setzten sich Herren-Golfer von Leith auf Geheiß des Stadtrats von Edinburgh zusammen und verfassten unter Leitung ihres Kapitäns John Rattray ein paar grobe Prinzipien fürs geplante Turnier auf den Leith Links.
Aus den Gentlemen Golfers of Leith wurde The Honourable Company of Edinburgh Golfers, heute in Muirfield beheimatet; und ihre 13 „Articles & Laws in Playing at Golf“ gelten seither als erstes offizielles Regelwerk für das zuvor eher willkürlich-wilde Geländespiel, gaben dem Golfsport Fundament und Struktur. Obwohl das Statut dieser frühen Community längst zu einem Paragrafendschungel in mehreren Kompendien zu Regeln, Decisions und Etikette geworden ist, sind die Rudimente bis heute erkennbar. Vor allem ein Grundsatz gilt nach wie vor: „The Ball […] must be play’d where it lies.“
Range-Daddler
Die Gamification soll’s bringen: Allerorten protegieren Verbände und Vereine im Sinne der Golfentwicklung die Verschmelzung von aktivem Sport und digitalem Erlebnis. Es ist eine zeitgemäße Variante für das zeitlose Spiel, mit der die moderne Freizeitgesellschaft hinter dem elektronischen Ofen hervor- und auf die Plätze gelockt werden soll. Gut geführte Anlagen haben ihre Driving Ranges längst mit den „Wunderkisten“ von TrackMan oder Toptracer ausgerüstet, die der originären Bestimmung als Analyse-Applikationen entwachsen und zu Simulatoren für golferische Sehnsuchtsorte avanciert sind. Drumherum gruppieren sich weltweit Fangemeinden, die fast lieber auf der Abschlagsmatte mit- und gegeneinander „daddeln“, als den Platz zu spielen.
Wie im Golfclub Schloß Horst in Gelsenkirchen, wo sich eine rund 40-köpfige Community gebildet hat, die laut Betreiber Jens Westendarp „heterogener nicht sein könnte“. Damen und Herren, jung und alt, Anfänger und Fortgeschrittene treffen sich durchschnittlich zweimal pro Woche auf der Toptracer Range der 9-Loch-Anlage und feuern ihre Bälle Richtung Wiese, während die Monitore in authentischer Grafik den Einschlag auf dem berühmten siebten Grün von Pebble Beach oder im berüchtigten Road Hole Bunker des Old Course anzeigen. Golf-Faszination in Bits und Bytes.
Lesezirkel
Das Logo kennt jeder Golfer aus eigenem Abschlagserleben: Die Kollegen vom amerikanischen „The Golfer’s Journal“ („TGJ“) haben ein quasi perfekt in der Mitte geknicktes Tee zu ihrem Wahrzeichen erkoren und aus ihrer Leserschaft mit der „Broken Tee Society“ eine den Globus umspannende, im „Spirit of the Game“ vereinte Community begründet. „TGJ“ klimpert dafür auf sämtlichen traditionellen und zeitgemäßen Tastaturen, mit dem wort- und bildstarken puristischen Printmagazin als Basis ebenso wie durch stark personalisierte Ansprache in den sozialen Medien.
Die Golfgemeinschaft hat eine eigene Veranstaltungsserie, auf dem 2021er-Spielplan stehen zum Beispiel Kracher wie Chambers Bay (US Open 2015) oder Hazeltine National (Ryder Cup 2016), und darf in schöner Regelmäßigkeit eigene „broken tees“ präsentieren. Die „TGJ“-Macher vergleichen und bewerten – „Der Bruchwinkel stimmt, aber bei der Splitterung hapert es“ –, und wer mit seinem Exemplar dem Ideal am nächsten kommt, heimst virtuelle Jubelstürme ein und darf sich auf eine Tüte intakter Tees aus der Logo-Kollektion freuen.
Damenwahl
Von wegen Golf ist ein Akronym für „Gentlemen Only Ladies Forbidden“: Die Damen gehören von jeher zur Golfgemeinschaft, wenngleich Gender-Aktivisten mit Hinweis auf zahlreiche ehedem reine Herrenclubs gern anderes behaupten. Während die Gentlemen sich in ihren Societies amüsierten, galt es für Frauen von Stand nun mal als wenig schicklich, mit wehenden Röcken zwischen all den Kerlen Bälle durchs Gelände zu treiben. Deshalb baute ihnen „Godfather“ Old Tom Morris 1867 den Himalayas Putting Course neben den zweiten Abschlag des Old Course, seitdem ist der St Andrews Ladies’ Putting Club der weltälteste rein weibliche Golfzirkel.
Obwohl die 0,8 Hektar umfassende Miniatur-Hügellandschaft weitgehend öffentlich bespielbar ist, bleibt der Club ein exklusives Refugium. Die Warteliste wurde 2014 geschlossen, aber weil das Durchschnittsalter hoch ist und einige Ladies schon weit über 90 sind, erwartet man „etwas natürlichen Schwund“ (augenzwinkernder O-Ton eines Mitglieds). Der Rekord für die 18 Loch liegt übrigens bei 34 Schlägen, alles unter 40 gilt als bemerkenswert.
Golfkicker
„Treffen sich drei Deutsche …“: Die alte Witzkamelle zur Vorliebe für Vereinsgründungen stimmt wirklich. Anfang 2001 standen der Ex-Fußballprofi Norbert Dickel, der Unternehmer Eckhardt Fenner und der Golfanlagen-Betreiber Arnt Vesper beim Bier zusammen und sinnierten über einen Golfclub für aktive und ehemalige Kicker. Aus der Idee wurden die „Gofus“ mit aktuell rund 550 golfenden Fußballprofis, die sich neben dem Spiel mithilfe ihrer Popularität der guten Sache verschrieben haben. Die „Gofus“-Gemeinschaft, die es mittlerweile unter anderem auch in Österreich und in der Schweiz gibt, fördert mit dem Projekt „Platz da!“ den Bau von Spiel- und Bolzplätzen. Über 200 Projekte mit einem Volumen von insgesamt mehr als 8,5 Millionen Euro wurden bereits realisiert.
„Gerade in unruhigen Zeiten müssen wir zusammen halten“ sagte Christian Maaßen, Geschäftsführer von GOFUS-Partner…
Gepostet von GOFUS e.V. am Mittwoch, 2. Dezember 2020
Auf der Mitgliederliste der „Gofus“ stehen Trainer wie (noch) Bayern Münchens Coach Hansi Flick, Aktive wie sein Stürmer Thomas Müller oder Dortmunds Mats Hummels, dazu Legenden wie die Hamburger Ikone Uwe Seeler. Als „Freunde der Gofus“ haben sich zudem Promis aus anderen Sportarten sowie aus dem Film- und Showbiz dem wohltätigen Gemeinwesen angeschlossen, Tennis-Champion Michael Stich und Rocker Peter Maffay etwa.
Handwerkskammer
Apropos Ladies und Gentlemen: Das einfache Volk hatte in den Golfanfängen weder Zeit noch Geld für neumodischen und kostspieligen Firlefanz, allenfalls klickerte man Steine oder Holzkugeln mit Stöcken in den Gassen herum. Doch irgendwann obsiegte der Gemeinschaftssinn: Ende der 1880er-Jahre entstanden die ersten „Artisan Clubs“, schlichtweg Handwerker-Vereine. Das Pfund, mit dem die Mitglieder wucherten, war ihre Dienstbarkeit: Sie hielten die Plätze in Schuss und durften im Gegenzug zu bestimmten Zeiten spielen. Greenkeeping für Greenfee sozusagen. Das Agreement funktioniert bis heute. In Royal Birkdale beispielsweise, wo die „Birkdale Artisans“ – Schreiner, Klempner, Bäcker, Metzger, Elektriker und Briefträger – regelmäßig beim Bunkerharken oder Ausbessern von Divots helfen.
Knapp 80 dieser Communitys existieren noch in Großbritannien, ein berühmtes Mitglied ist Graeme McDowell. Der Nordire aus Portrush, US-Open-Sieger von 2010, entstammt dem Arbeiter-Club Rathmore und sagt: „Wenn es diese preiswerte Möglichkeit nicht gegeben hätte, würde ich heute nicht Golf spielen.“
Anarchos?
Das liest sich vogelwild: Unter dem Pseudonym Shooter McGavin – das war der gelackte Professional im Kult-Filmklamauk „Happy Gilmore“ – hat eine Social-Media-Community via Twitter einen revolutionären neuen Golf-Circuit angekündigt. Die „Xtreme Golfers Association“ soll alles haben, was sonst im Golfsport verpönt ist, besonders Regel- und Zügellosigkeit. Dresscode? Gibt’s nicht. Spielen unter Alkoholeinfluss? Wer’s kann! Krakeelende Fans wie am Party-Loch der Phoenix Open? Na sicher, und bevorzugt überall auf dem Platz. Bälle im Aus kosten als Tribut einen Schläger aus dem Bag. Bei jedem Doppel-Bogey oder Schlimmerem ist ein Bier zu „exen“. Ansonsten gilt: Nichts muss, alles kann. Und der Bock wird zum Gärtner gemacht: „Wild Thing“ John Daly soll den Tour-Commissioner geben. Es droht pure Anarchie.
Natürlich ist die Idee einer „Xtreme Golfers Association“ nicht wirklich ernst gemeint. Dennoch geht die Netz-Gemeinde steil. Dahinter steht der Wunsch nach ein wenig Wind des Wandels. Nach modernen Möglichkeiten. An Communitys und Followern wird’s gewiss nicht mangeln.
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