GOLF & COMMUNITY: MAKE PAR NOT WAR

Sprunghafte Streifzüge durch eine wechselhafte Geschichte über Golf in Beziehung mit Community.

Es braucht nicht viel Fantasie, um sich die Anfänge des organisierten Spiels vorzustellen. Ein einsam durch die Dünen wandernder Fischer – unser Urgolfer – lässt, so viel weiß er schon, den Kopf im Durchschwung unten, während sein steinernes oder hölzernes Projektil, vom Kopf der selbstgeschnitzten Keule getroffen, im grasigen Hang der nächstgelegenen Düne verschwindet. 

So kann das nichts werden. Der Frühzeitgolfer braucht ein zweites Paar Augen, wenn er nicht nach jedem Schlag ein neues Geschoß zur Hand nehmen soll. Er braucht einen Mitspieler.

Golf, ureigentlich eine Beschäftigung für Einzelgänger und Individualisten, schreit schon aus praktischen Gründen nach einer Gemeinschaft. Dieses Spiel, das sich über Kilometer durch unzugängliches Terrain erstreckt und mit denkbar ungeeigneten Werkzeugen betrieben wird, besteht in seinem Kern ja daraus, den Ball BLOSS nicht zu verlieren. Es kann also nur bei besten Bedingungen alleine gespielt werden. Und die herrschen, dort wo dieser merkwürdige Zeitvertreib seinen hier imaginierten Anfang nahm, nun mal eher selten vor. Wind, Wetter, Regen, Sturm, hohes Gras und in den Wintermonaten quasi im Galopp davonlaufendes Licht, verunmöglichen es fast, dem Spiel im Alleingang nachzugehen. Die horrend großen Spielfelder mähen sich ja auch nicht von alleine. Es wundert also nicht, dass wir Golfer uns irgendwann einmal mit Gleichgesinnten zusammengetan haben. 

Auch wenn sich die ersten Spielgemeinschaften aus pragmatischen Gründen zusammengefunden haben mögen, wurde bald wesentlich mehr aus den Zweck­gemeinschaften. Zur Zeit der Aufklärung formierte sich eine selbstbewusste Bürgerschaft. Die Männer dieser neuen Klasse suchten bald in sogenannten Societies und Clubs allerlei Couleur Anschluss. Und eben auch in den ersten Golfclubs. 1735 in Burgess, 1744 in Edinburgh, 1754 in St. Andrews, um nur die drei ältesten zu nennen. Der Sport mag dort ein ernster Anlass gewesen sein, Essen, Trinken und Debattieren standen jedoch nicht minder im Fokus der Gentlemen.

In der Crail Golfing Society, seit 1786 eine schottische Institution und der siebtälteste noch bestehende Golfclub der Welt, wurde in den ersten Vereinsjahrzehnten penibel Buch darüber geführt, wer auf dem Platz gegen wen wie viel Schnupftabak oder Alkohol verloren hatte und wer wem nach verlorener Runde das Essen bezahlen musste. Man darf sich nicht einbilden, die „Gentlemen“ seien besonders fein gewesen. Eines der ersten Dokumente aus der Gründungszeit in Crail ist ein Gerichtsprotokoll. Die Herren Golfer hatten mit den örtlichen Bauern ernsthaften Ärger wegen der Nutzung des Landes.

Die Clubs und Societies dienten nicht nur dem Gefühl der Zusammengehörigkeit, sondern auch der Abgrenzung. Nicht selten gab es unfreundliche Spannungen zwischen den Vereinen. Man stritt vorzüglich und viel. Über die Anzahl der zu spielenden Löcher, über die Qualität der vereinseigenen Golfer und über die zu geltenden Regeln. Wenn Vertreter rivalisierender Vereine gegeneinander antraten, konnte es unter den Zuschauern mitunter zu Handgreiflichkeiten kommen. Auch weil dann eine andere Leidenschaft der Mitglieder vom Ausgang der Matches betroffen war. Das Wetten.

Die Situation wurde durch die räumliche Enge nicht unbedingt besser. Viele Vereine trafen sich zwar in eigenen Clubräumen, mussten sich jedoch den Platz mit anderen Clubs teilen. Eine Tradition, die es in Großbritannien noch vielerorts gibt. In Carnoustie zum Beispiel, in Montrose und auch in St. Andrews teilen sich noch heute jeweils mehrere Clubs ihre Links. Nur wirklich wohlhabende Vereine leisteten sich den Bau und den Unterhalt eigener Anlagen. Nicht nur der Vollständigkeit halber sollte hier erwähnt werden, dass, entgegen landläufiger Meinung, viele Vereine schon früh Frauen aufnahmen und im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts die ersten reinen Damenclubs gegründet wurden.

Die Briten trugen das Spiel und die Idee des Clubs mit Eroberungen, Handel und einer gehörigen Portion Gin in die Welt hinaus. In den Kolonien des Empire entstanden Vereine, hinter deren Mauern man sich zu Hause wähnte. In den Clubs des südlichen Afrika, in Indien, Australien, Neuseeland und anderswo benahm und benimmt man sich oftmals noch heute britischer als im „Mutterland“. Wenn die Briten sich die Welt nicht zum Untertan machten, machten sie Urlaub. Nicht selten auch in den schönen Kurorten des Kontinents. Auch in Deutschland gaben britische Golfer den Gründungsimpuls für viele der frühen Vereine. Bad Homburg, Wiesbaden, Baden-Baden, Bad Nauheim …

Während kontinentale Golfclubs oft ein eher weltabgewandtes Dasein außerhalb der Städte führen, sind Vereine anderswo integraler, ja integrativer Bestandteil ­bestehender Communitys. Nicht nur in St. Andrews und Carnoustie prägt die Clubhausarchitektur ganze Straßenzüge. In vielen Städten golfaffiner Länder schlängeln sich die Fairways der Clubs entlang der Straßen. 

Perfect-Eagle-Golf-St-Andrews-Clubhouse
Perfect Eagle Golf – St. Andrews Clubhouse

Clubhäuser sind dort oft mehr als bloße Clubhäuser. In Australien und Neuseeland beispielsweise beherbergen sie manchmal Rotary Clubs und Freimaurerlogen, stellen dem Dorf-Chor Übungsräume zur Verfügung, geben für wohltätige Organisationen das Mittagsessen aus und veranstalten Bingo-Abende für die Alten. In kleineren Ortschaften Schottlands und Irlands sind sie oft der einzige Anlaufpunkt für jene, die dem Landleben nicht auf der Suche nach Wohlstand den Rücken gekehrt haben. Wer einmal in Shiskine auf Arran um die Mittagszeit nach der Runde eingekehrt ist, weiß, wovon ich spreche. Ein touristisch beliebter Platz kann hingegen auch ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor für abgelegene Communitys sein. Oft sind sie der größte Arbeitgeber vor Ort.

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