Die äußerst unterhaltsame Hauptstadt am Atlantik ist alleine schon eine Reise wert. Doch der Norden Portugals bietet darüber hinaus einiges: Drei großartige Hotspots für einen Golftrip stehen zur Auswahl.
Um Cascais (35 km westlich von Lissabon)
Der kürzeste Weg von Lissabon und doch ein lohnendes Ziel: Cascais, zu dem als „Concelho“ (Gemeindeverband) auch der Badeort Estoril mit seinen etwas mehr als 25.000 Einwohnern gehört. Fast in der Stadt liegt der Club de Golf do Estoril, der bereits 1929 mit neun Löchern gegründet wurde. Weitere Neun und die Umgestaltung der bestehenden Bahnen plante schließlich Philip Mackenzie Ross 1945, kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Das Design überzeugte den Club, so dass der Schotte später weitere neun Löcher (Blue Course) hinzufügen durfte. Einziger Wermutstropfen des traditionsreichen Clubs ist die Autobahn A5, die den hügeligen und etwas kurzen Championship Course (5.099 Meter, Par 69) leider in zwei Hälften teilt. Charakteristisch sind die eher schmalen, von Pinien und Eukalyptus gesäumten Fairways und die vergleichsweise kleinen Grüns. Shot-Shaping ist in Estoril deutlich gefragter als Länge!
Ein ganz anderes Kaliber ist dagegen Oitavos Dunes, keine zehn Kilometer westlich von Estoril im Nationalpark Sintra-Cascais. Entworfen vom genialen US-Golfplatzarchitekten Arthur Hills (1930-2021), zählen die 18 weitläufigen Spielbahnen zum Besten, was die portugiesische Küste zu bieten hat: Das 2001 eröffnete Layout wechselt von Parkland mit Pinien zu modernem Links-Design mit Blick auf den wilden Atlantik und die Berge von Sintra. Bei Wind zu spielen will gelernt sein, aber die Konsequenzen sind nicht so hart wie auf schottischen oder irischen Plätzen, wo die Bälle sofort im dichten Dünengras verschwinden. Die Qualität der Grüns, Fairways und Abschläge entspricht der des angeschlossenen 5-Sterne-Hotels: exzellent. Ein toller Platz für viele Handicapklassen und dank der Package-Angebote des Hotels noch halbwegs erschwinglich.
Während Oitavos mit einem modernen Hotel und Linksgolf punktet, setzt Penha Longa auf Old Fashion. 27 Löcher gibt es insgesamt, alle entworfen von Robert Trent Jones Junior, der mittlerweile auch schon über 80 Jahre alt ist. Das Resort wird von Ritz-Carlton geführt und bietet sieben Restaurants, zwei davon mit Michelin-Stern. Aber zum Golfplatz: Die ersten 18 Löcher (Atlântico) wurden 1992 eröffnet, zwei Jahre später folgte die Monasterio-Schleife mit insgesamt 27 Löchern. Die Open de Portugal der European Tour wurden hier dreimal ausgetragen (1994, ’95 und 2010). Das Design ist abwechslungsreich: Oft geht es über tiefe Schluchten und eine insgesamt sehr hügelige Landschaft mit knorrigen Olivenbäumen und viel Parkland-Flair. Außerdem warten einige Teiche auf verzogene Bälle. Besonders gelungen: Die 6, ein starkes Par 5 mit einem langgezogenen Teich, der sich bis ins Grün zieht, und einer alten Steinmauer auf der rechten Seite.
Quinta da Marinha verfügt ebenfalls über ein 5-Sterne-Hotel, das inzwischen zur Onyria-Gruppe gehört. Die 200 Zimmer wurden 2020 komplett renoviert. Auch ein neues Clubhaus wurde fertiggestellt. Das Routing von Robert Trent Jones Sr., das mehrfach verändert worden war, ist wieder so, wie es sein sollte. Pinien, einige Ausblicke auf den Atlantik und sechs Par-3-Löcher prägen das eher flache Layout ebenso wie die kleinen, aber trickreichen Grüns des Par-71-Platzes. Präzision ist in Quinta da Marinha gefragt, denn die Bäume und Wasserhindernisse kommen zahlreich ins Spiel. Das Signature Hole ist die 13, ein kurzes Par 4 mit einem klasse Blick auf das Meer.
Empfehlenswerte Restaurants, die vor allem exzellenten Fisch anbieten: Furnas do Guincho, O Faroleiro, Porto Santa Maria und Marea. Einen Abstecher wert ist außerdem Cabo da Roca, der westlichste Punkt des europäischen Festlandes.
Costa de Prata (95 km nordwestlich von Lissabon)
Von Lissabon aus ist die Costa de Prata mit dem Auto bequem innerhalb von einer Stunde zu erreichen. Silberküste – auf Deutsch – heißt die Region, die sich entlang der Atlantikküste von Lissabon bis fast nach Porto erstreckt und deren Zentrum zwischen Peniche und Óbidos liegt. Dort liegt das Praia D’El Rey Marriott Golf & Beach Resort. Das frisch renovierte 5-Sterne-Resort glänzt mit 177 Zimmern und befindet sich nicht nur an einem funkelnden Sandstrand mit Blick auf den rauen Atlantik, sondern ist zudem in ein Naturschutzgebiet eingebettet, umgeben von Pinienwäldern und hügeligen Dünen. Und auch sonst ist alles da, was den Aufenthalt angenehm macht: Die Zimmer mit „Sea View“, ein gigantischer Pool, Fitnesscenter, drei sehr gute Restaurants und eine Bar, die ein unglaublich leckeres Clubsandwich auf der Karte hat. Wenn man die Gegend erkunden will und nicht nur an Golf interessiert ist, dann ist die mittelalterliche Stadt Óbidos zu empfehlen. Vor allem, wenn es mit dem Score nicht so klappt, wie man sich das vorstellt. Das kann aber auch am Wetter liegen, das Ende November schon als etwas rauer bezeichnet werden kann. Mit 15 bis 17 Grad, morgendlichen Regen und dem steifen Atlantikwind war wetterfeste Golfkleidung en vogue.
Direkt am Resort befindet sich der gleichnamige Championship Course Praia D’El Rey. Eröffnet 1997, Par 72, 6.434 Meter von den hinteren Abschlägen. Das Design stammt vom amerikanischen Architekten Cabell B. Robinson, der unter anderem Evian und Finca Cortesin entworfen hat. Praia D’El Rey ist ein Platz, der seit Jahren zu den besten in Portugal zählt und von Golf World zur Nummer 13 Europas gekürt wurde. Es ist aber auch ein Kurs mit zwei Gesichtern: Die Front Nine sind von Kiefernwald und Ferienhäusern umgeben und haben zeitweise schmale Fairways. Alles in allem eher ein Parkland-Charakter ohne großartige Ausblicke und Atlantik-Feeling. Das ändert sich aber schlagartig nach der zehnten Spielbahn. Dann kommen beeindruckende Links-Bahnen mit den allseits bekannten Herausforderungen, mit Sanddünen und spektakulären Ausblicken auf den Atlantik, ins Spiel. Bis zum Halfway House hätte man nicht gedacht, dass der Golftag so abwechslungsreich enden würde. Ein überraschender Genuss! Auch deshalb, da der Platz im November weniger überlaufen ist als in der Hochsaison.
In 15 Minuten Fahrt Richtung Norden erreicht man West Cliff Golf Links, den neuesten Platz der Silberküste. Eröffnet wurde 2017 – und seitdem ist der Club einer der am häufigsten ausgezeichneten Plätze Portugals. West Cliff gilt als Highlight der Region, vor allem, seitdem er bei den World Golf Awards 2017 in der Kategorie „World’s Best New Golf Course“ gewann. Anders als bei Praia D’El Rey spielt der Atlantik hier die Hauptrolle und ist von jeder Spielbahn zu bewundern. Ein Platz, der sich perfekt in die natürliche und abwechslungsreiche Landschaft einfügt. Es wirkt, als hätte man beim Bau das natürliche Terrain so unverändert wie möglich gelassen. Kein Wunder, dass der Platz als „Pebble Beach von Portugal“ gilt.
Das Design (6.382 Metern von den hinteren Abschlägen) stammt von Cynthia Dye, der Nichte des großartigen Golfplatzarchitekten Pete Dye. Besonders faszinierend: Die große Offenheit, die Weite der Landschaft und des Meeres. Hier kann man atmen. Über der Schönheit der Landschaft thront erhaben auf einer Anhöhe das moderne und epochale Clubhaus. Der richtige Rahmen, um nach der Runde der Schönheit der Natur zu huldigen.
Alles in allem bietet die Silberküste von Portugal, besonders zwischen Praia D`El Ray und West Cliff, eine großartige Kombination aus rauer, aber extrem schöner Natur und Golf, dass teilweise herausfordernd ist. Ein wenig, wie Golf in Schottland. Nur halt in wärmeren Gefilden. Coole Surfer sieht man natürlich auch. Direkt am Golfplatz.
tm
Comporta und die Halbinsel Tróia (60 km südlich von Lissabon – mit Fähre)
Die Halbinsel Tróia und die Gemeinde Comporta gelten seit den neunziger Jahren als Rückzugsort der Einheimischen, die nach „Tranquilidade“ suchen. Ruhe, wilde Natur, Reisfelder und sogar Süßwasserdelfine gibt es im Sadodelta, das zu großen Teilen ein Naturschutzgebiet ist. Zwar wird die Gegend immer populärer, doch eine Partyszene sucht man hier vergeblich. Was man aber findet sind zwei Golfclubs der Extraklasse!
Die 18 Löcher von Tróia Golf gibt es bereits seit 1980, doch irgendwie verschwand der Platz, eine Mischung aus Parkland und Links, nach der Eröffnung und der Austragung der Portuguese Open 1983 ein wenig in der Versenkung. Obwohl er eigentlich eine große Nummer war. 2018 wurde Alexandre Barroso als neuer Clubmanager von West Cliffs geholt – und seinen Greenkeeper nahm er gleich mit. Seit dem Wechsel wurde aufgeräumt und reichlich in die Platzpflege investiert. Die Grüns sind nun wieder pfeilschnell und auch die Tee-Boxen und Fairways bestens in Schuss.
Von den Gästen wiederum wird Kreativität gefordert. Denn die Kiefernwälder mit sandigem Untergrund und das exzellente Design des in 2000 verstorbenen Robert Trent Jones Sr. verlangen einem einiges ab. Egal, ob man seinen Ball über wilde Dünen schlägt oder versucht, ihn unter dem Wind auf ein kleines Topf-Grün zu schlagen – denken muss man in Tróia immer. Zudem kommen zahlreiche Bunker ins Spiel, die ebenfalls auf einen Game Plan einzahlen. Immerhin verliert man kaum Bälle, wird stattdessen nur mit „schwierigen“ Lagen konfrontiert. Letztlich benötigt man ein ganzes Arsenal an Schlägen, um den anspruchsvollen Kurs (6.320 Meter von Weiß bei Par 72) zu bewältigen. Die Trainingsmöglichkeiten sind ebenfalls auf einem hohen Standard und machen auch Besuche mit Clubmannschaften möglich, die neben dem Spiel fleißig trainieren möchten.
Obwohl Tróia Golf wirklich ein guter Platz ist, scheint es in der Gegend aber einen neuen Platzhirschen zu geben. Die Rede ist von Terras da Comporta. Der schottische Star-Architekt David McLay-Kidd (u.a. Bandon Dunes, Sand Valley und der Castle Course in St. Andrews) durfte sich in seinem ersten Design in Portugal auf einer Fläche von 84 Hektar austoben. Die Umsetzung erledigte dann aber dessen ehemaliger Shaper Conor Walsh. Die Story dahinter geht so: Die Bänker von Espírito Santo engagierten 2007 McLay-Kidd für einen Platz und wollten gleich noch einen zweiten unter der Regie von Tom Fazio bauen lassen. Ziel war es, den Ryder Cup 2018 in die beschauliche Küstenortschaft zu holen. Doch aus dem Coup wurde nichts, der Kontinentalvergleich ging bekanntlich nach Paris. Darüber hinaus kam die Finanzkrise. Espírito Santo geriet ins Taumeln, musste aufgeben und verkaufte das Projekt 2018 an Vanguard Properties. Die neuen Eigner kappten die Fazio-Idee, versuchten aber weiterhin Comporta Dunes zu verwirklichen. Wegen den Reisebeschränkungen in der Covid-Pandemie empfahl McLay Kidd seinen ehemaligen Shaper Conor Walsh, der den Dunas Course schließlich fertig stellte.
Es war eine lange Reise, doch das Resultat kann sich sehen lassen – ist sogar großes Kino! Auf dem sandigen Untergrund, eingerahmt von kräftigen Pinien, wurde im Oktober 2023 der bestens eingewachsene Platz eröffnet. Sand Wastes, strategisch angelegte Fairway-Bunker, große Grüns und ein Pflegezustand auf Tour-Niveau machen die Anlage zu einer der besten Europas. Dabei hilft es natürlich, dass der Grund mehr als zehn Jahre Zeit hatte, besser zu werden. „Es ist fast wie im Traum, einen Kurs zu shapen und ihn dann über Jahre einwachsen zu lassen. Er sieht phänomenal aus“, so Walsh über das finale Resultat. Das Greenfee kratzt leider an der 200-Euro-Grenze. Aber immerhin sind ein Cart sowie Driving-Range-Bälle inklusive. Ein zweiter Platz, den José María Olazábal und Sergio Garcia entwerfen, soll in 2025 in Alcácer do Sal folgen und als Torre Course zu Terras da Comporta zählen. Auch mehrere Hotels sind in Planung.
Und wenn man schon mal in Comporta ist … Unsere Empfehlung ist das Gomes: Das gemütliche Restaurant in der Ortsmitte hat ein paar Plätze im Garten und eine stilvolle Inneneinrichtung. Außerdem sind das Essen und die Weine einfach ganz groß. In Troia selber, das am Westende der Halbinsel liegt, ist das Monte Mar zu empfehlen. Es gibt sowohl ein Restaurant im Hafen als auch eine kleinere Strandbude an der Praia. Das Tróia Design Hotel mit 5 Sternen verfügt über 236 Zimmer und Suiten. Empfehlenswert ist auch das Tróia Resort (4 Sterne). Wer eher Richtung Comporta möchte, wird bei privaten Ferienanbietern (Airbnb) fündig oder übernachtet im Quinta da Comporta Boutique Resort.
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Perfect Top 3
1. Terras da Comporta
Der neue Platzhirsch in der Region um Lissabon. Star-Architekt, tolles Design, krasser Standard. Natürlich auch teuer.
2. West Cliff Golf Links
Golf wie in Schottland mit dem Spitznamen „Pebble Beach von Portugal“. Allerdings in wärmeren Gefilden.
3. Oitavos Dunes
Windig, direkt am Atlantik, Links-Golf: Das Design macht mega Spaß und bleibt dennoch spielbar. Unbedingt spielen!
Abstecher
Aroeira Golf Resort: Zwei Plätze nahe bei Lissabon
Rund 25 Kilometer vom Zentrum Lissabon liegen die beiden Kurse Aroeira Pines Classic (Design: Frank Pennink) und Challenge (Donald Steel) in einer von Pinienwäldern durchzogene Villengegend. In den Club soll in den kommenden zwei Jahren bis zu sechs Millionen Euro investiert werden, um den Standard weiter zu heben. Bei unserem Besuch im Mai überzeugten vor allem die schnellen und treuen Grüns auf beiden Plätzen. Der im Jahr 2000 eröffnete Aroeira Challenge ist schwieriger, gefiel uns aber auch besser, da er mit einigen Wasserhindernissen und schönen Risk-and-reward-Löchern besser im Gedächtnis blieb. Auf dem Pines Classic, an dem auch das charmante Clubhaus mit sehr guter Küche steht, überzeugte das kreative Design der Bunker. Einziger Schwachpunkt: Es sind bei beiden Kursen abseits der Fairways schon sehr viele Häuser zu sehen. Etwas weniger wäre aus golferischer Sicht mehr.